Was passiert bei der Entstehung von Erinnerung im Gehirn? Und wie könnte man diese biologische Speichermethode auf die digitalen Wissensspeicher der Zukunft umlegen? An diese fundamentalen Fragen knüpfen aktuelle Forschungen von der TU Graz und dem Know-Center an.
 
Wolfgang Maass vom Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz und Stefan Klampfl vom Know-Center ist es gelungen, in Computermodellen von neuronalen Schaltkreisen „Erinnerungsspuren“, wie sie auch im Gehirn durch raum-zeitliche Aktivierungsmuster entstehen, zu erzeugen. Sie haben festgestellt: Erinnerungsspuren entstehen durch eine Art „neuronalen Wettbewerb“. Die Arbeit wurde in der aktuellen Ausgabe des renommierten Journal of Neuroscience veröffentlicht.

Neue Experimente der Hirnforschung zeigen, dass Erlebnisse eine Art „Spur“ in Form von raum-zeitlichen Aktivierungsmustern in den neuronalen Netzwerken hinterlassen. „Raum-zeitlich bedeutet in dem Fall, dass man sich die Erinnerungsspur als Film mit zeitlichem Verlauf vorstellen kann. Bislang hat man angenommen, die Spur wäre ähnlich wie ein Foto ein statischer Eintrag im Gedächtnis. Auch künstliche, simulierte neuronale Netzwerke haben vorherrschend nach dem statischen Modell gearbeitet“, erklärt Wolfgang Maass vom Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz. Weltweit wollen Forscher das Entstehen dieser Spuren genauer verstehen, um in weiterer Folge Computern beizubringen, dieses Erinnerungsentstehen nachzuahmen und damit eine neue Art der Datenspeicherung zu ermöglichen. Wolfgang Maass und Stefan Klampfl ist dahin nun ein wichtiger Schritt gelungen: Sie konnten erstmals unter Annahme der „Erinnerungsspur als Film“ auch in Computermodellen ein derartiges Aktivierungsmuster in simulierten neuronalen Schaltkreisen erzeugen.

Wettbewerb der Neuronen

Konkret sind solche Erinnerungs-Spuren eine Abfolge von „neuronalem Feuern“, also Folgen von neuronalen Pulsen, die in den Synapsen als Muster gespeichert und bei ähnlichen Aktivierungen der Neuronen wieder hervorgerufen werden. Unter den einzelnen Nervenzellen im Gehirn herrscht eine Art Wettbewerb: Das jeweils aktivierte Neuron unterdrückt die Aktivität der anderen Neuronen in der unmittelbaren Umgebung – würde das nicht passieren, käme es zu ungesteuerten neuronalen „Feuerwerken“, die das Gehirn nicht verarbeiten kann. Wolfgang Maass und Stefan Klampfl haben festgestellt: Die Erinnerungsspuren kommen ebenfalls dank des Verdrängungswettbewerbes unter den Neuronen zustande. „Dieser neuronale Wettbewerb führt dazu, dass nur die am besten passende Spur, also das am besten zum Erlebnis passende Aktivierungsmuster der Neuronen, in den Synapsen ‚eingraviert‘ wird“, erläutert Maass.

Dynamische Erinnerungsspuren statt Bits und Bytes

Das bringt die Forscher vor die Herausforderung und bietet ihnen zugleich die Chance, die bisherige Methodik der Wissensspeicherung in digitalen Rechnern zu überdenken. Dort wird Information bislang nicht in raum-zeitlichen Mustern gespeichert, sondern als eine Abfolge von Bits, die bei Bedarf und mit Hilfe der richtigen Adresse von einem zentralen Speicher geholt wird. „Die große Frage, die nun im Raum schwebt: Können wir in künstlichen Wissensspeichern der Zukunft vielleicht auch anstelle von Bits und Bytes geeignete Aktivitätsmuster speichern?“, formuliert Maass die Fragestellung an die Forscher.

Vorarbeit für „Human Brain Project“

Die Arbeit von Wolfgang Maass und Stefan Klampfl bildet einen Grundbaustein für das „Human Brain Project“, einem EU-Flaggschiffprojekt im Bereich Gehirnforschung, das in den Startlöchern steht. Das Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz ist Vorreiter im Bereich der Grundlagenforschung von Datenanalyse und leitet im Human Brain Project das Arbeitspaket „Brain Computing Principles“. Stefan Klampfl ist Experte für Datenanalyse am Know-Center. Das Know-Center konzentriert sich auf angewandte Forschung speziell im Bereich Datenanalyse und transferiert die Erkenntnisse in die Wirtschaft.

 

Originalarbeit:
Klampfl, S. and Maass, W. Emergence of dynamic memory traces in cortical microcircuit models through STDP. The Journal of Neuroscience, 10 July 2013, 33(28): 11515-11529; doi: 10.1523/JNEUROSCI.5044-12.2013
 
Pressemitteilungen und Pressemeldungen:
http://presse.tugraz.at/pressemitteilungen/2013/17.07.2013.htm
 
http://steiermark.orf.at/news/stories/2593850/
http://derstandard.at/1373513176273/Grazer-Forscher-bilden-biologische-Erinnerungsmuster-am-Computer-nach
http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/3359441/forscher-bilden-erinnerungsmuster-computer-nach.story
http://futurezone.at/future/17190-tu-graz-simuliert-biologische-erinnerungsmuster.php
http://idw-online.de/de/news543968
http://www.tuaustria.at/
http://portal.tugraz.at/portal/page/portal/TU_Graz/News_Stories
 

Rückfragen:

Dipl.-Ing. Dr.techn. Stefan Klampfl
Inffeldgasse 13/VI, 8010 Graz, Austria

Tel.: +43 316 873 30862
Fax: +43 316 873 1030862
E-Mail: sklampfl@know-center.atThis article is only available in German.

Was passiert bei der Entstehung von Erinnerung im Gehirn? Und wie könnte man diese biologische Speichermethode auf die digitalen Wissensspeicher der Zukunft umlegen? An diese fundamentalen Fragen knüpfen aktuelle Forschungen von der TU Graz und dem Know-Center an.
 
Wolfgang Maass vom Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz und Stefan Klampfl vom Know-Center ist es gelungen, in Computermodellen von neuronalen Schaltkreisen „Erinnerungsspuren“, wie sie auch im Gehirn durch raum-zeitliche Aktivierungsmuster entstehen, zu erzeugen. Sie haben festgestellt: Erinnerungsspuren entstehen durch eine Art „neuronalen Wettbewerb“. Die Arbeit wurde in der aktuellen Ausgabe des renommierten Journal of Neuroscience veröffentlicht.

Neue Experimente der Hirnforschung zeigen, dass Erlebnisse eine Art „Spur“ in Form von raum-zeitlichen Aktivierungsmustern in den neuronalen Netzwerken hinterlassen. „Raum-zeitlich bedeutet in dem Fall, dass man sich die Erinnerungsspur als Film mit zeitlichem Verlauf vorstellen kann. Bislang hat man angenommen, die Spur wäre ähnlich wie ein Foto ein statischer Eintrag im Gedächtnis. Auch künstliche, simulierte neuronale Netzwerke haben vorherrschend nach dem statischen Modell gearbeitet“, erklärt Wolfgang Maass vom Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz. Weltweit wollen Forscher das Entstehen dieser Spuren genauer verstehen, um in weiterer Folge Computern beizubringen, dieses Erinnerungsentstehen nachzuahmen und damit eine neue Art der Datenspeicherung zu ermöglichen. Wolfgang Maass und Stefan Klampfl ist dahin nun ein wichtiger Schritt gelungen: Sie konnten erstmals unter Annahme der „Erinnerungsspur als Film“ auch in Computermodellen ein derartiges Aktivierungsmuster in simulierten neuronalen Schaltkreisen erzeugen.

Wettbewerb der Neuronen

Konkret sind solche Erinnerungs-Spuren eine Abfolge von „neuronalem Feuern“, also Folgen von neuronalen Pulsen, die in den Synapsen als Muster gespeichert und bei ähnlichen Aktivierungen der Neuronen wieder hervorgerufen werden. Unter den einzelnen Nervenzellen im Gehirn herrscht eine Art Wettbewerb: Das jeweils aktivierte Neuron unterdrückt die Aktivität der anderen Neuronen in der unmittelbaren Umgebung – würde das nicht passieren, käme es zu ungesteuerten neuronalen „Feuerwerken“, die das Gehirn nicht verarbeiten kann. Wolfgang Maass und Stefan Klampfl haben festgestellt: Die Erinnerungsspuren kommen ebenfalls dank des Verdrängungswettbewerbes unter den Neuronen zustande. „Dieser neuronale Wettbewerb führt dazu, dass nur die am besten passende Spur, also das am besten zum Erlebnis passende Aktivierungsmuster der Neuronen, in den Synapsen ‚eingraviert‘ wird“, erläutert Maass.

Dynamische Erinnerungsspuren statt Bits und Bytes

Das bringt die Forscher vor die Herausforderung und bietet ihnen zugleich die Chance, die bisherige Methodik der Wissensspeicherung in digitalen Rechnern zu überdenken. Dort wird Information bislang nicht in raum-zeitlichen Mustern gespeichert, sondern als eine Abfolge von Bits, die bei Bedarf und mit Hilfe der richtigen Adresse von einem zentralen Speicher geholt wird. „Die große Frage, die nun im Raum schwebt: Können wir in künstlichen Wissensspeichern der Zukunft vielleicht auch anstelle von Bits und Bytes geeignete Aktivitätsmuster speichern?“, formuliert Maass die Fragestellung an die Forscher.

Vorarbeit für „Human Brain Project“

Die Arbeit von Wolfgang Maass und Stefan Klampfl bildet einen Grundbaustein für das „Human Brain Project“, einem EU-Flaggschiffprojekt im Bereich Gehirnforschung, das in den Startlöchern steht. Das Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz ist Vorreiter im Bereich der Grundlagenforschung von Datenanalyse und leitet im Human Brain Project das Arbeitspaket „Brain Computing Principles“. Stefan Klampfl ist Experte für Datenanalyse am Know-Center. Das Know-Center konzentriert sich auf angewandte Forschung speziell im Bereich Datenanalyse und transferiert die Erkenntnisse in die Wirtschaft.

 

Originalarbeit:
Klampfl, S. and Maass, W. Emergence of dynamic memory traces in cortical microcircuit models through STDP. The Journal of Neuroscience, 10 July 2013, 33(28): 11515-11529; doi: 10.1523/JNEUROSCI.5044-12.2013
 
Pressemitteilungen und Pressemeldungen:
http://presse.tugraz.at/pressemitteilungen/2013/17.07.2013.htm
 
http://steiermark.orf.at/news/stories/2593850/
http://derstandard.at/1373513176273/Grazer-Forscher-bilden-biologische-Erinnerungsmuster-am-Computer-nach
http://www.kleinezeitung.at/steiermark/graz/graz/3359441/forscher-bilden-erinnerungsmuster-computer-nach.story
http://futurezone.at/future/17190-tu-graz-simuliert-biologische-erinnerungsmuster.php
http://idw-online.de/de/news543968
http://www.tuaustria.at/
http://portal.tugraz.at/portal/page/portal/TU_Graz/News_Stories
 

Rückfragen:

Stefan Klampfl
Inffeldgasse 13/VI, 8010 Graz, Austria

Tel.: +43 316 873 30862
Fax: +43 316 873 1030862
E-Mail: sklampfl@know-center.at